Warum möchte ich promovieren und unter welchen Rahmenbedingungen?
Die Klärung Ihrer Motivation und Ihrer Ausgangssituation ist ein wichtiger erster Schritt für die Vorbereitung einer Promotion. Denn viele weitere Entscheidungen – z. B. an welcher Universität und bei welcher Betreuungsperson Sie promovieren möchten, welche Art der Promotionsfinanzierung für Sie in Frage kommt – hängen ganz entscheidend davon ab, welche Ziele Sie mit der Promotion verfolgen.
Warum promovieren?
Wenn für Sie das Interesse an einem bestimmten Thema die ausschlaggebende Motivation darstellt, können Ihnen die folgenden Reflexionsfragen weiterhelfen:
- Wer ist die beste Betreuungsperson und was ist die beste Universität/Hochschule für mich?
Gibt es strukturierte Programme oder Verbundforschungsprojekte, die für mein Forschungsfeld relevant sein könnten? - Gibt es spezifische Finanzierungen für mein Themengebiet?
- In welchem fachlichen (evtl. auch interdisziplinären) Kontext ist das Thema angesiedelt? In welchem Fach möchte/kann ich promovieren?
- Habe ich die notwendigen formalen Voraussetzungen, um in diesem Fach zu promovieren? Welche Methodenkenntnisse brauche ich, welche fehlen mir noch und wie kann ich mir diese aneignen?
- Was bedeutet mir das Thema?
Die Promotion ermöglicht Ihnen, Ihre wissenschaftlichen Qualifikationen auszuweiten und mit einer Dissertation und einer anschließenden mündlichen Prüfung nachzuweisen, dass Sie zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit in der Lage sind. Allerdings bedeutet selbst eine exzellente Promotion nicht automatisch gute Chancen auf eine wissenschaftliche Karriere.
Aktuell gibt es im Bereich der Forschung und Lehre unterhalb der Professur im deutschsprachigen Raum nur wenige Dauerstellen an Hochschulen. Der Weg zur Professur führt entsprechend häufig über eine längere Phase der Statusunsicherheit, in der gleichzeitig hohes Engagement, oft auch hohe Flexibilität und Mobilität gefordert sind. Ob am Ende dieses Weges die realistische Chance auf eine Professur besteht, ist zu Beginn meist noch nicht absehbar, da dies von der Entwicklung Ihres Fachs, aber auch von hochschulpolitischen Weichenstellungen abhängt. Zurzeit wird in Deutschland versucht, mit Instrumenten wie der Tenure-track-Professur die Karrierewege nach der Promotion planbarer zu machen. Daneben bestehen aber traditionelle Karrierewege weiter fort, wie z. B. über eine Habilitation oder habilitationsäquivalente Leistungen.
Jedoch qualifiziert eine Promotion in den Geistes- und Sozialwissenschaften auch für eine Vielfalt von Tätigkeiten innerhalb und außerhalb der akademischen Welt. Daher kann es sich lohnen, sich bereits während der Promotion mit diesen verschiedenen Möglichkeiten zu beschäftigen und ggf. unterschiedliche Wege auszuprobieren – z. B. über unterschiedliche berufliche Erfahrungen, Praktika, Auslandsaufenthalte, selbständige Tätigkeiten…
Dennoch gibt es auf die Frage, ob sich ein Doktortitel auch für die außeruniversitäre Karriere lohnt, keine einfache und klare Antwort. Das hängt sehr stark von Ihrem Fach, von dem angestrebten Berufsziel, der Branche, aber auch von Ihren sonstigen persönlichen Lebensumständen ab. Die Verhältnisse in der Medizin – wo mit dem Berufsziel Arzt bzw. Ärztin immer noch sehr oft der Titel „Doktor*in“ assoziiert wird – oder in den Naturwissenschaften – wo der Doktor nicht selten ein notwendiges Qualifikationskriterium für eine Industriekarriere ist – können nicht unbesehen auf die Geistes- und Sozialwissenschaften übertragen werden. In den meisten Fällen sind neben der Dissertation noch andere Qualifikationen und Erfahrungen erforderlich, um nach der Promotion erfolgreich in den außeruniversitären Arbeitsmarkt zu wechseln.
Eine nebenberufliche Promotion kann den Vorteil haben, dass Sie schon während der Promotion wertvolle Berufserfahrung sammeln. Allerdings steht dann oft nur wenig Zeit für die Arbeit an der Dissertation zur Verfügung. Es sollte nämlich nicht sein, dass sämtliche Feierabend-, Wochenend- und Urlaubszeiten komplett für das Promotionsprojekt verplant werden. Daher ist eine realistische Zeitplanung wichtig.
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Wenn Sie sich diese Fragen stellen, dann kann es sinnvoll sein, eine entsprechende Beratung in Anspruch zu nehmen, z. B. beim Career Service der JGU. Sie kann Ihnen helfen, Ihre Motivation zu klären, den möglichen Nutzen einer Promotion für Ihre weitere Karriereentwicklung abzuwägen, aber auch mögliche Alternativen ins Auge zu fassen, an die Sie vielleicht noch nicht gedacht haben.
Eine Promotion anzustreben, weil sich gerade keine konkreten Alternativen anbieten, davon ist in der Regel eher abzuraten.
Ein solches Angebot bedeutet aber nicht, dass Sie andere Möglichkeiten vorschnell ausschließen sollten. Vielmehr sollten Sie Ihre Motivation zur Promotion, Ihre Erwartungen und die Rahmenbedingungen gründlich prüfen. Wenn Ihr Promotionswunsch feststeht, sollten Sie ebenso überlegen, wo Sie Ihr Vorhaben am besten realisieren können und welche Betreuungsperson(en) am besten für Ihr Projekt geeignet sind.
Das kann auch eine andere Universität/Hochschule (ggf. auch im Ausland) oder eine andere Betreuungsperson sein. Es lohnt sich also, sich über andere Möglichkeiten in Ihrem Fach und verwandten Disziplinen zu informieren und Fragen zu klären wie:
- Welche Institute und welche Betreuungspersonen sind einschlägig ausgewiesen für das Thema, das Sie in Ihrer Dissertation behandeln und die Methode(n), die Sie anwenden möchten?
- Wie ist die Betreuungsperson, die Sie ins Auge fassen, in der Scientific Community vernetzt?
- Wie reiht sich das Thema, das Sie behandeln möchten, in die aktuellen wissenschaftlichen Debatten ein?
Und was spricht eventuell gegen eine Promotion?
Fast alle Promovierenden erleben im Verlauf der Arbeit an der Dissertation Durststrecken: das Thema muss angepasst werden, die Finanzierung ist problematisch, die Lebensumstände verändern sich, das soziale Umfeld fragt, wann man endlich fertig wird… Daher ist es sehr sinnvoll, sich von Anfang an mit möglichen Stolpersteinen der Promotionsmotivation auseinanderzusetzen und dann ganz bewusst die Entscheidung für oder gegen die Aufnahme einer Promotion zu treffen.
Diese Erfahrungen sind kein Scheitern, sondern Teil der wissenschaftlichen Sozialisation und des Qualifikationsprozesses im Rahmen einer Promotion. In den Natur- und Lebenswissenschaften ist es absolut üblich, dass mehrere Promovierende einer Arbeitsgruppe an von außen gesehen relativ kleinen Teilproblemen arbeiten und gemeinsam wissenschaftlichen Fortschritt erzielen. In einigen Geistes- und Sozialwissenschaften herrscht aber immer noch das Bild des*der einsamen Gelehrten am Schreibtisch im Elfenbeinturm vor. Dabei gibt es für Sie – vor und neben der Publikation Ihrer Dissertation – viele Möglichkeiten, in die Wissenschaftsgemeinschaft und auch in die Gesellschaft hineinzuwirken. Wissenschaftskommunikation und Wissenschaftsvermittlung sowie der Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis werden inzwischen als „Third Mission“ der Universitäten und Forschungseinrichtungen angesehen. Vielleicht gibt es bei Ihrem Thema eine Verbindung zu Ihrer Berufspraxis oder Ihrem ehrenamtlichen Engagement? Vielleicht möchten Sie Ihre Ergebnisse in den Sozialen Medien oder in einem Blog vorstellen? Kürzere wissenschaftliche Artikel können oft mehr Aufmerksamkeit erzeugen als eine dickleibige Dissertation. Auch der Besuch von und die aktive Beteiligung an Konferenzen, Tagungen, Kongressen, Nachwuchstreffen können es Ihnen ermöglichen, die Relevanz Ihres Themas zu fokussieren und zu vermitteln.